Wir hatten Glück mit den Gleisschaltungen. Wahrscheinlich
weil der Zug unmittelbar vor dem Angriff abfahren sollte. Gemächlich rollten
wir aus der Bahnhofshalle. Wir folgten der Trasse, die aufgrund von
Lärmschutzbestimmungen wie ein trockenes künstlich angelegtes Flussbett wirkte.
Anfangs verfolgten uns die Zombies. Als wir jedoch an Fahrt gewannen verloren
sie uns schnell. Würden sie uns trotzdem verfolgen, vielleicht den Gleisen folgen?
Erst jetzt merkte ich, dass unser schöner Plan eine gewaltige Schwachstelle
besaß. Würde unsere Flucht die Zombies aus dem Bahnhof locken und ins
besiedelte Umland treiben? Welchen Preis würde unser Ausbruch haben? Unterstützten
wir die Monster in ihrem Bestreben sich in ganz Frankfurt auszubreiten? Eine
weitere Ausbreitung mochte ich mir nicht ausmalen.
Es
knackte vernehmlich. Im Hintergrund hörte ich schwere Maschinen –
wahrscheinlich Motoren – laufen. „Hier ist Leutnant Karl Immhof. Sie nähern
sich mit einem Zug unserem Quarantäneposten. Drosseln sie das Tempo umgehend
und bleiben sie an der roten Markierung stehen. Andernfalls werden sie und der
gesamte Zug vernichtet.“
Mir stockte der Atem. „Sie sind von der Bundeswehr?“
„Ja! Drosseln sie sofort das Tempo und bleiben sie an der roten Markierung
stehen. Andernfalls werden sie und der gesamte Zug vernichtet.“
„Aber wie“,
brachte ich hervor, doch er unterbrach mich rüde.
„Halten sie endlich den
verdammten Zug an. Wir haben hier drei Leopard-Panzer stehen. Sollten sie ihnen
zu nahe kommen, werden diese ihren Befehlen gemäß handeln!“
Das wirkte. Ich durchbrach
meine Verwirrung und betätigte das Bremssystem. Zuerst nur auf der Einstellung
LEICHT, fuhr ich die elektrischen Bremsen langsam höher. Eine weit geschwungene
Kurve später kam der Posten in Sicht. Die Trasse war verbarrikadiert. Etwa
zwanzig Meter hinter einer roten Reihe von Straßenbauhütchen hatte man alle
Schienen entfernt. Stattdessen waren sie quer zur Fahrtrichtung eingebettet um
einen möglichen Durchbruch mit dem Zug zu verhindern. Es folgten drei Reihen
sternförmige Panzersperren, Stacheldraht und dahinter die Panzer in
Dreieckformation. Ihre Mündungen zeigten allesamt auf mich. Auf beiden Wänden
des künstlichen Flussbetts hockten zwanzig bis dreißig Soldaten. Ihre Waffen
zielten auf den Zug. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. Mir fiel das Funkgerät
wieder ein. „Es wäre schön, wenn sie ihren Leuten befehlen würden, nicht auf
uns zu schießen.“
„Tut mir leid, wir haben unsere Vorschriften. Kommen sie mit
erhobenen Händen aus der Lok. Legen sie sich auf den Bauch, dass Gesicht nach rechts und strecken sie alle Viere von sich.“
„Was ist mit den Menschen in den
Wagons“, wollte ich wissen.
„Wir werden sie anschließend befreien. Stellen sie
sich auf eine umfangreiche medizinische Untersuchung ein.“ Damit war für Immhof
die Sache erledigt. Ich tat wie mir befohlen.
Eine halbe Stunde später wurden
wir mit einem Gefängnisbus in die nächste Klinik gefahren. Eine Stunde später
fand ich mich in der Mensa der Klinik wieder. Vor mir ein heißer Teller
Gulaschsuppe und ein älterer Soldat. „Gibt es noch andere Überlebende“, fragte
ich, während ich die Suppe genoss.
Er schüttelte den Kopf. „Außer Ihrer Gruppe
hat es niemand geschafft. Sie sind die einzigen Überlebenden und deshalb
benötigen wir von ihnen alle Informationen, die sie uns geben können.“
„Kein
Problem“, erwiderte ich. „Aber wie haben sie von uns erfahren? Woher wussten
sie, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen konnten?“
Er lächelte verschmitzt. „Ein
vorgeschobener Spähtrupp meldete einen Ausbruch. Einen Zug mit drei Wagons. Da
wir in Krisenzeiten Mittel haben den Funkverkehr zu überwachen, bereitete uns
dies keine große Mühe.
„Big Brother is watching you“, murmelte ich.
Er lachte
breit. „Das gehört zu unseren Aufgaben. Stellen sie sich mal vor wie blind wir
auf einem Schlachtfeld wären ohne diese Fähigkeit.“
In den nächsten zwei
Stunden erzählte ich ihm alles, sogar mehrmals. Ich ließ nichts aus. Als wir
fertig waren sank ich erschöpft auf meinem Stuhl zusammen. Er packte seine
Papiere zusammen und erhob sich. Dann schaute er mir ernst in die Augen. „Sie
haben heute zweiundzwanzig Menschen das Leben gerettet. Das war sehr mutig.“ Er
salutierte vor mir und ging. Träge erhob ich mich und schaffte es gerade noch
in mein Zimmer. Dort fiel ich in mein Bett und schlief sofort ein.
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