Sie waren überall. Diese verfluchten Zombies kamen aus den
Seitengassen, aus den U-Bahn-Tunnels, aus den Geschäften. Schreie gellten. Die
Kamera zuckte mal hierhin und mal dahin. Von allen Seiten humpelten, trotteten
und schlurften Zombies heran. Manche leidenschaftslos und innerlich leer,
andere mit von Wut verzerrten Gesichtszügen. Die Arme ihren Opfern
entgegengestreckt, drangen sie vor.
Die kreischenden Menschen flohen kopflos mal in die eine
Richtung, mal in die andere Richtung. Die Zombies rangen jeden nieder, der
ihnen zu nahe kam. Die Kamera erfasste einen Mann in den Fünfzigern. Graues,
kurz geschnittenes Haar, schwarzer Nadelstreifenanzug, weißes Hemd und Weinrote
Krawatte. Die Krawattennadel aus Platin und das neueste Brillenmodel eines
namhaften deutschen Designers. Offensichtlich gut situiert, vielleicht ein
Manager. Doch gegen die Klauen zweier Zombies kam er nicht an. Wie Eisen
schlossen sich ihre Klauen um seine Arme und Beine. Mit aller Kraft stemmte er
sich gegen seine Peiniger, doch Sekunden später lag er auch schon auf dem
Boden. Zwei weitere Zombies kamen heran. Zu viert zerrissen sie Jackett und
Hemd und drangen weiter vor, bis Blut ihre Klauen bedeckte.
Dem Kameramann wurde es zu viel. Er stürmte am Gebäude der
Hauptwache vorbei und schloss sich dem Strom von Flüchtlingen Richtung Alte
Oper an. Auf dem Rathenauplatz passierte er eine Schützenlinie von Polizisten. Sie
bezogen Position hinter zurückgelassenen Autos, Bänken und Mülltonnen. Offensichtlich
ein Versuch die Flüchtigen zu schützen und die Zombies aufzuhalten. Ein paar
Meter hinter der dürftigen Barrikade stoppte der Kameramann, drehte und filmte
die heldenhaften Verteidiger.
Die Zombies bildeten eine heran wogende Wand verzerrter
Gestalten. Gleichgültig marschierten sie in die Schusslinie der Polizisten. Nur
zwei von ihnen waren mit automatischen Schnellfeuerwaffen ausgestattet. Die
übrigen besaßen lediglich halbautomatische Faustfeuerwaffen. Sie ließen die
Zombies herankommen, dann eröffneten sie das Feuer.
Unter der Wucht der ersten Salven stürzte eine große Zahl
der Angreifer. Gebannt beobachteten wir, wie die Untoten einen ersten Rückschlag
hinnehmen mussten. Immer mehr von ihnen fielen. Ein Hochgefühl ergriff Besitz von
mir. Die Polizisten hielten sie auf. Es war möglich sie zu töten. Wir waren
nicht wehrlos, wir besaßen eine Chance, dachte ich.
Dann, vor meinen von Grauen geweiteten Augen, erhoben sich
die Gefallenen. Mein Verstand weigerte sich diese Tatsache zu akzeptieren. Es
durfte einfach nicht sein. Langsam, aber unaufhaltsam, verdichteten sich ihre
Reihen wieder. Von hinten drängten weitere Zombies heran, die durch den Lärm
der Schüsse angelockt wurden. Sie erreichten die Barrikade und die Polizisten
mussten zurückweichen. Immer wieder streckten sie Zombies nieder und immer
wieder erhoben sie sich. Selbstverständlich erhoben sich nicht alle. Manche,
die einen Kopftreffer erhielten, blieben liegen und schienen endgültig tot zu
sein. Aber im Vergleich zur aufkommenden Flut waren es zu wenige. Mit leerem
Blick wurde eine ehemals junge, gutaussehende Frau ins Knie getroffen. Sie
reagierte überhaupt nicht, verspürte keinen Schmerz und humpelte weiter.
Schließlich kam es, wie es kommen musste. Die Waffen klickten vernehmlich, als
ihre Schlagbolzen auf leere Kammern trafen. Obwohl die Zombies kein Anzeichen
größerer Intelligenz an den Tag legten, schienen sie ein Gespür für die daraus
resultierende Schwäche ihrer Gegner zu haben. Sie beschleunigten ihre Schritte.
Sie waren immer noch relativ langsam, doch es überrumpelte einige Menschen.
Schnell wurden sie von den Zombies in Stücke gerissen. Ein Polizist, der einem
Kollegen zu Hilfe eilte wurde umzingelt. Er feuerte Hilflos in alle Richtungen,
bis auch seine Waffe leer war, dann verschwand er zwischen den Untoten.