Samstag, 28. März 2015

Freitag 14.10.16

Endlich Wochenende. Heute habe ich Alex getroffen. Ich ging gerade über den Luisenplatz und plötzlich stand sie vor mir. Sie ist nicht nur hübsch und sexy, sondern schlichtweg schön. Sie strahlt eine Lebenslust aus, die mich mitreißt. Wir trinken einen Kaffee zusammen. Eine Stunde vergeht wie im Fluge. Ich lade sie für morgen Abend zu einem Konzert in der Krone ein. Sie stimmt sofort zu. Ich bin der glücklichste Mann auf der ganzen Welt.

Carsten meldet sich wieder. Nichts Neues von der Seuchenfront. „Mittlerweile steht das Camp unter militärischem Schutz. Wir wissen auch nicht warum.“ Er sieht abgekämpft aus. Seine schwarz geränderten Augen liegen tief und sind nur halb geöffnet. „Allerdings sind immer wieder Schüsse zu hören. Einige Kollegen vermuten die Machenschaften ortsansässiger Warlords. Wahrscheinlich versuchen sie an unsere Medikamente und drogenähnliche Substanzen heranzukommen.“ Die Verbindung ist schlecht und bricht nach nur fünf Minuten zusammen.

Mittwoch, 25. März 2015

Dienstag 11.10.16

Beinahe hätte ich heute nichts geschrieben. Meine Gedanken sind zwischen meiner beruflichen und privaten Zukunft gefangen. Welche Jobangebote (neben API) werde ich erhalten und welches sollte ich schließlich annehmen? Dann spukt mir ständig Alex durch den Kopf und schließlich gibt es da noch diese seltsame afrikanische Seuche. 
Überraschend meldet sich Carsten gegen 19.00 Uhr über Skype. Er behauptet es gehe ihm gut, doch er sieht richtig fertig aus. Schwarze Ränder unter den Augen sprechen von zahlreichen durchgearbeiteten Nächten. Es ist ein kurzes Gespräch. 
„Wir wissen immer noch nicht, mit was wir es hier zu tun haben.“ Er schüttelt hilflos den Kopf. 
„Wir sind in einer Zeltstadt untergebracht. Raus dürfen wir nicht. Wir sind vollkommen abgeschirmt. Niemand lässt uns auch nur in die Nähe eines Patienten. Gelegentlich erhalten wir Blut- oder Gewebeproben. Leider stammen sie meist von Verstorbenen. Mit totem Gewebe kann man einfach nicht so viele Tests machen. Vielleicht können wir in den nächsten Tagen ja mehr erreichen.“

Sonntag, 22. März 2015

Montag 10.10.16

Hier in der Lauteschlägerstraße ist wieder der Alltag eingekehrt. Ich bin seit gestern Abend wieder zurück und Paul hat heute den Zuschlag für eine von zwei Doktorandenstellen seines Fachbereichs erhalten. Kurz nach Erhalt des Anrufs stürmte er hinüber zum Verwaltungsgebäude und unterschrieb den Vertrag. Mittags nahm er dann sein erstes eigenes Büro in Augenschein. 
Ich freue mich für ihn und bin gleichzeitig ein bisschen neidisch. Meine Zeugnisse sind noch immer nicht eingetroffen. Um für meinen Lebensunterhalt aufzukommen, verbringe ich den größten Teil des Tages bei unglaublich selbstbewussten Abiturienten, die zum Ausgleich in Mathe große Lücken haben und gebe ihnen Nachhilfe. 

Samstag, 21. März 2015

Samstag 08.10.16

Das Wochenende verbringe ich bei meinen Eltern in Michelstadt. Es tut gut einige Tage in der alten Heimat zu verbringen. Ich besuche Schulfreunde, hänge in den Brauereien der Stadt ab und wandere in den nahe gelegenen Wäldern. Ich genieße die Ruhe.

Wenn ich doch einmal den Fernseher einschalte ist von Afrika nichts mehr zu sehen oder zu hören. Es ist als hätten die Sender das Interesse an der Seuche gänzlich verloren. Schon seltsam.

Mittwoch, 18. März 2015

Donnerstag 06.10.16

Carsten fliegt morgen nach Abuja. Ich habe noch nie davon gehört. Google Maps behauptet es liege in Nigeria. 

Die Ärzte ohne Grenzen haben um die Hilfe namhafter Wissenschaftler bei der Isolierung und Analyse des Erregers gebeten. 
Von denen traut sich aber keiner in die heiße Zone. Sie benötigen wissenschaftliches Fachpersonal, das für sie Augen und Ohren offen hält. Carsten hat sich freiwillig gemeldet. Für ihn ist das ein großes Abenteuer. Er war ganz aufgeregt und erzählte etwas von Karierechancen und Aufstiegsmöglichkeiten. Ich habe versucht mit ihm über die Gefahren zu sprechen. Er hat kaum zugehört.


Spontan organisieren wir eine kleine Abschiedsparty. Ich telefoniere und benachrichtige Carstens engste Freunde. Wir treffen uns im Tuareg, einem arabischen Restaurant. Wie sich arabisches Essen von unserem unterscheidet? Keine Ahnung, bin schon neugierig.

Mit dabei ist Alex. Wir verstehen uns auf Anhieb. Sie ist ein ganz besonderer Mensch. Sie sieht selbst in Jeans und Pulli gut aus, ist intelligent und hat eine gewisse Bodenhaftung, die ich sehr schätze. Danach tingeln wir durch die Bars und Kneipen. Wir sind die halbe Nacht unterwegs. Keiner möchte über die Gefahren von Carstens Einsatz in Nigeria sprechen. 
Als wir uns trennen fällt uns der Abschied schwerer als sonst. Wir spüren die Gefahr, in die er sich begibt. Doch wir sprechen es nicht aus. Carsten ist alt genug und sollte die Gefahren besser einschätzen können als wir. Als Paul und ich nach Hause gehen, herrscht bedrücktes Schweigen. In der Wohnung witzeln und lachen wir über jeden noch so blöden Spruch, nur um das Thema Seuche nicht anschneiden zu müssen.

Sonntag, 15. März 2015

Mittwoch 05.10.16

Ich habe die letzten Tage am Telefon verbracht und mit den Personalchefs großer Firmen gesprochen. Zwischendurch habe ich meine Bewerbungsmaterialien aktualisiert.

Ja! 

Ich weiß, dass die Verwaltung der UNI noch mindestens zwei Wochen für den Papierkram braucht. Andererseits muss ich meine neu gewonnene Energie irgendwie in Aktivität umsetzen, sonst explodiere ich. 
Leider erhalte ich keine definitive Zusage, solange die Firmen mein Abschlusszeugnis nicht vorliegen haben. Immerhin habe ich erfahren, dass Ingenieure mit meiner Fachrichtung gefragt sind. Regenerative Energien sind auf dem Vormarsch. Meine Chance den Planeten zu retten.

Den Fernseher lasse ich aus. Ständig laufen Sondersendungen über eine neue afrikanische Seuche. Die sensationsgeilen Sender schüren bewusst die Angst ihrer Zuschauer und ich hatte schon immer einen Hang zum Hypochondrie. Keine gute Kombination.

Paul kommt heute spät und so beschließe ich für uns zu "kochen". Als wir gemütlich bei asiatischen Reisbällchen, Lachs in Dill-Soße und Weißwein sitzen (immerhin habe ich den Reis nicht anbrennen lassen), klingelt das Telefon. Es ist Carsten. Er arbeitet als Virologe bei Darmstadts größtem Pharmaunternehmen. Zwangsläufig kommen wir auch auf die neue Seuche zu sprechen. 
Leider kann er meine Ängste nicht zerstreuen. Keiner weiß was für eine Krankheit da unten wütet. Sie sei hoch ansteckend und greife schneller um sich als Ebola. Er behauptet jedoch, dass für uns keine Gefahr bestehe. Nach dem Telefonat mache ich uns einen Irish-Coffee, einen sehr irischen.

Freitag, 13. März 2015

Samstag 01.10.16

Ich habe heute zwei Dinge gelernt:

1. Wer viel trinkt sollte es vertragen können! 

2. Ich kann das offensichtlich nicht.

Das Essen beim Mexikaner war Prima, die Stimmung ausgezeichnet und wir haben bis heute Morgen um 05.00 Uhr in verschiedenen Locations gefeiert. Mann, war das eine Nacht. Doch im Leben gibt es selten etwas umsonst. Die Zeit von 05.00 bis 07.00 Uhr verbrachte ich leidend auf der Toilette. Das Mitleid von Paul hielt sich in Grenzen. Er lachte nur und trank die zwei letzten Flaschen Pils alleine.


Als ich spätnachmittags mit dröhnendem Schädel erwachte, war mit mir nicht mehr viel anzufangen. Ich lümmelte auf der Couch und schaute fern. Die Nachrichtensender brachten Sondersendungen am laufenden Band. Irgendeine neue Seuche in Afrika. Hat dieser Kontinent noch nicht genug mitgemacht? Vor zwei Jahren ist ein Fünftel der Bevölkerung an Ebola gestorben. Letztes Jahr kamen dann die prognostizierten Hungersnöte, durch die klimatischen Veränderungen. Oh man! Ich schiebe eine DVD rein und sehe mir an wie ein Fahrradkurier dreißig Tage später aus dem Koma erwacht und von Zombies zuerst durch London und später durch weite Teile Englands gejagt wird.

Donnerstag, 12. März 2015

Freitag 30.09.16

Mein erster Blogeintrag. In der prädigitalen Ära schrieb man seine täglichen Erlebnisse in ein Tagebuch. Dieses versteckte man unter der Matratze oder im Nachttisch. Heutzutage schreibt man seine Erlebnisse für alle gut sichtbar in einen öffentlichen Blog und lässt sich dafür feiern. Tja, man muss eben mit der Zeit gehen. Ich selbst wäre nicht auf diese Idee gekommen. So interessant ist mein Leben nun auch wieder nicht. Andererseits wimmelt es im Internet von Blogs mit spannenden Themen wie "Kakteenzucht für Anfänger", "Der Wattwurm, dass unentdeckte Wesen" oder "Das geheime Leben der Gänseblümchen". Da kann ich meinen aufregenden Alltag auch noch hochladen.Mein Mitbewohner Paul sieht das gänzlich anders. Für ihn liegt die Unsterblichkeit eines Menschen in seinem digitalen Fußabdruck. Was soll ich sagen. Er hat ein Masterdiplom in Informatik und sein Messias war der Mitbegründer einer fruchtigen Computer und Telekommunikationsmarke. 

„Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens“, deklamierte er als ich müde und geschafft um 14.00 Uhr nach Hause kam. Routiniert öffnete er zwei Flaschen Pils, wovon er mir eine reichte. 
„Mit dem Bestehen der letzten Abschlussprüfung wird aus dir offiziell ein Elektroingenieur. Dein Leben wird sich entscheidend verändern.“ Wir stießen an und tranken. 

Kurze Zeit später ließen wir uns in die wackligen Klappstühle auf dem Balkon plumpsen und schauten hinaus aufs Darmstädter Martinsviertel. Der spätsommerliche Oktober zauberte goldene Reflexionen auf die Dächer und Fensterscheiben. Die wenigen Wolken am Himmel bildeten Figuren, die unsere Fantasie beflügelten.

Natürlich hatte er recht. Keine blöden, unterbezahlten Jobs mehr. Keine große Pleite am Monatsende. Wer weiß, vielleicht sogar ein Job im Ausland. Amerika, Australien und Japan waren schon immer meine Traumziele. Vielleicht finde ich einen Job, der mir diese extravaganten Arbeitsorte ermöglicht. Bei diesem Gedanken erfasst mich eine nie gekannte Energie. Die Zukunft steht mir offen. Alles kann passieren.
Jetzt mache ich aber Schluss. Steffen und Carsten kommen. Wir treffen uns mit dem Rest unserer Clique beim Mexikaner. 


Eat and drink and have fun!